Sonntag, 5. Juni 2011

Teil 4: Messungen

Nach dem wir uns die Theorie erarbeitet hatten, ging es daran, Messungen im Windkanal zu machen. Wie vorgesehen testeten wir zuerst eine kleine Kugel. Nach dem ersten Messdurchgang erhielten wir folgende Durchschnittswerte:

v (m/s) Widerstandskraft (N) Auftriebskraft (N) Durchmesser Kugel (cm)
8±0.4 0.14±0.01 0.02±0.01 3.52

Den Durchmesser der Kugel bestimmten wir mithilfe einer Schieblehre. Zur Vereinfachung gehen wir davon aus, dass diese Messung nicht fehlerbehaftet sei. Der Windgeschwindigkeitsmesser hat eine Genauigkeit von ±5%. Die Genauigkeit der Waage ist leider nicht angegeben. Wir haben ihn auf ±5% geschätzt. Allerdings muss beachtet werden, dass in diesem Gewichtsbereich der Fehler aufgrund der Anzeige (0.002kg) grösser ist (±0.5g).

Die Stirnfläche der Kugel berechneten wir mit Π*r^2 = 9.7cm^2. Die Luftdichte beträgt etwa (1.2±0.1) kg/m^3. Der grosse Fehler rührt daher, dass wir die Temperatur und Luftfeuchtigkeit schätzen mussten, da wir keine Messgeräte für diese Messungen zur Verfügung hatten.

Mit diesen Werten machten wir uns daran, den Cw-Wert für die Kugel zu berechnen. 


Der Tabellenwert beträgt 0.44. Für die Fehlerrechnung nutzten wir die "vereinfachte Fehlerrechnung." Unser Wert liegt sehr stark daneben. Unser erster Gedanke war, dass wir einen Einheitenfehler gemacht haben, dann würde der Tabellenwert knapp im Fehlerintervall liegen. Leider liess sich aber kein solcher Fehler finden. Die Ursache muss deshalb eine andere sein. Wir suchten nach Fehlerquellen und fanden folgende:
  • Ein Teil der Widerstandskraft geht in die Verformungsarbeit der Gewindestange über. Allerdings lässt sich kaum abschätzen wie viel.
  • Die Waage wiegt vielleicht die Masse falsch, wenn sie rechtwinklig zum Boden montiert ist.
  • Ein Teil der Widerstandskraft wird vielleicht auf die Auftriebskraft übertragen.
  • Unserer Kugel war oben etwas abgeflächt, vermutlich hat dies auch einen kleinen Einfluss auf den Cw-Wert.
  • Da die Kugel sehr klein ist, sind auch die Kräfte sehr klein. Die verwendete Waage ist vielleicht im unteren Bereich etwas ungenauer.
Die Kugel sollte eigentlich auch keinen Auftrieb haben, dieser rührt wohl daher, dass unsere Kugel nicht ganz rund ist. Ein Teil der Auftriebskraft könnte auch durch die Gewindestange verursacht worden sein oder wie oben erwähnt durch die Widerstandskraft. Beim ersten handelt es sich um einen groben Fehler, wir besitzen aber leider keine andere Kugel mit glatter Oberfläche, deshalb entschieden wir uns, einen allfälligen weiteren Referenztest mit einer Platte durchzuführen. Beim letzterem handelt es sich um einen systematischen Fehler, der sich herausrechnen lässt.

Trotz dieser niederschmetternden Ergebnisse testeten wir auch noch ein einfaches Flügelprofil aus, welches wir selbst gebaut hatten. Den Querschnitt des Flügelprofils wählten  wir folgendermassen:


Diesen Querschnitt analysierten wir auch mit der frei verfügbaren Software JavaFoil, welche sehr viele Analysemöglichkeiten für Flügelprofile bietet. Wir nutzten nur die Option, die Cw- und Ca-Werte berechnen zu lassen. Die Software berechnete, dass der Ca-Wert (Anstellwinkel: 1°) 0.104 und der Cw-Wert 0.013 beträgt. Unsere Berechnungen ergaben für den Ca-Wert 0.11 und den Cw-Wert 0 (die Waage zeigte 0 an).
Diese Werte passten eigentlich ziemlich gut, was vermutlich daherkommt, dass die Widerstandswerte sehr klein sind, wir wollten aber auch die Messung mit der Kugel sauber hinbekommen.

Unsere erste Idee zur Verbesserung der Messwerte war, dass wir die Kraft über eine Umlenkrolle um 90° umlenken und den Angriffspunkt unserer Waage nach oben verlegen. Dazu befestigten wir knapp unter dem Testobjekt einen Faden. Diesen zogen wir durch den Gleichrichter und die Düse hindurch und lenkten ihn über eine Rolle hinter dem Gleichrichter um 90° um und wogen dann erneut die Widerstandskraft. Eine weitere Überlegung war, dass wir die Kugel durch eine Platte ersetzen, da wir diese in grösserer Form herstellen konnten und so grössere Kräfte erhalten werden.
Foto - Führung des Fadens durch den Gleichrichter



Foto - Kraftumlenkung mit Abspannung
Den umgebauten Messkanal testeten wir zuerst mit einer Platte. Die Daten zur Platte:

v (m/s) Widerstandskraft (N) Auftriebskraft (N) Fläche A (m^2)
7.5±0.4 (0.40±0.02) 0 16cm*16cm=0.0256m^2
Die Berechnung des Cw-Werts ergibt: 0.46±0.11. Dieser Wert liegt wieder stark daneben, der Tabellenwert ist 1.1. Die Abweichung wurde aber deutlich kleiner und es lässt sich auch keine Auftriebskraft mehr feststellen (die Waage schwankt zwischen 0 und 1 Gramm). Man kann davon ausgehen, dass ein grosser Teil der Kraft für die Ausdehnung des Fadens aufgewendet wird. Ein Teil der Kraft wird auch bei der Umlenkung "aufgebraucht". Es scheint, als habe sich der Umbau bewährt. Deshalb entschieden wir uns, noch weitere Tests mit einem Flügelprofil durchzuführen. Um die Resultate besser vergleichen zu können, bauten wir noch ein Flügelprofil nach einem Standard, nämlich das NACA-2412.
Genauere Infos zu den NACA-Profilen finden sich bei wikipedia.org. Wir erhoben mit unserem Profil folgende Durchschnittswerte:
Anstellwinkel Widerstandskraft (N) Auftriebskraft (N) Stirnfläche (m^2) Auftriebsfläche (m^2) Geschwindigkeit
(m/s)
(0.02±0.01) (0.03±0.01) 0.0025 0.018(8.4±0.4)
18.5° (0.02±0.01) (0.2±0.01) 0.0056 0.018
Anstellwinkel Cw-Wert Ca-Wert Soll Cw-Wert Soll Ca-Wert
0.19 0.0390.0130.259
18.5° 0.084 0.260.2111.086
Diese Werte liessen leider keine eindeutige Aussage zu. Sowohl die Cw-Werte wie auch die Ca-Werte weichen stark von den Soll-Werten ab. Besonders seltsam ist, dass der Cw-Wert des angestellten Flügelprofils kleiner ist, als der Cw-Wert des nicht geneigten Profils. Die Ca-Werte waren vor dem Umbau sogar besser, jetzt weichen sie stärker ab. Hierfür gibt es mehrere mögliche Erklärungen:
  • Die Waagen sind nicht auf einen so kleinen Kraftbereich ausgelegt und zeigen in diesem Bereich ziemlich willkürliche Werte an. Um dieses Problem zu beheben wären andere Kraftmesser/Waagen nötig.
  • Die Ca-Werte stimmen nicht, weil der Faden für die Messung der Widerstandskraft die Auftriebswerte beeinflusst.
Weil wir keine anderen Waagen mehr auftreiben konnten, mussten wir uns mit diesen Messwerten zufrieden geben. Für die Zusammenstellung der Theorie und der Messungen haben wir folgende Quellen genutzt.