Sonntag, 5. Juni 2011

Teil 3: Theorie

Im folgenden werden verschiedene Begriffe und Formeln erklärt, welche bei unseren Versuchen eine Rolle spielten.

Strömungsmechanik 

Strömungsmechanik/Strömungslehre ist die Lehre der Strömungen in Flüssigkeiten bzw. Gasen. Eine grundlegende Einführung zum Thema der Strömungsmechanik ist unter sprott.net zu finden.



Cw-Wert

Der Cw-Wert wird auch Strömungswiderstandskoeffizient bzw. Widerstandsbeiwert genannt. Der Cw-Wert ist dimensionslos. Er ist das Mass für den Strömungswiderstand eines von einem Fluid umströmten Körpers. Den Strömungswiderstand kann man aber nur berechnen, wenn man auch noch die Geschwindigkeit, Frontfläche (des Körpers) und die Dichte des Fluids kennt. Der Cw-Wert lässt sich mit folgender Formel berechnen.
c_\mathrm w = \frac{\vec F_\mathrm w}{q \cdot A} = \frac{\vec F_\mathrm w}{\frac{\rho}{2}\,\vec v^{\,2} \cdot A} = \frac{2 \vec F_\mathrm w}{\rho\,\vec v^{\,2} A} 
Fw = Widerstandskraft
q = dynamischer Druck/Staudruck der Anströmung
A = Referenzfläche (Normalerweise Stirnfläche des angeströmten Körpers)
v = Strömungsgeschwindigkeit
p = Luftdichte
Für die meisten Körper ist der Cw-Wert über grosse Bereiche der Reynolds-Zahl konstant.

Ca-Wert

Der Ca-Wert wird auch Auftriebsbeiwert bzw. Auftriebskoeffinzient genannt. Der Ca-Wert ist dimensionslos. Er gibt an, wie gross der dynamische Auftrieb eines Körpers bei gegebener Geschwindigkeit und Richtung ist. Er lässt sich aus folgender Formel berechnen:
c_\mathrm a = {2 \vec F_\mathrm a \over \rho \vec v^2A} = \frac{\vec F_\mathrm a}{q A}\, ,
Fa = Auftriebskraft
Reynolds-Zahl

Die Reynolds-Zahl ist eine dimensionslose Kennzahl. Die Reynolds-Zahl gibt das Verhältnis der an den Strömungsteilchen angreifenden Trägheits- und Zähigkeitskräfte (Reibungs-/Widerstandskräfte) an. Die Zähigkeit (Viskosität) ist eine Folge der Kraftwirkung zwischen Molekülen. Die Wechselwirkung zwischen diesen Grössen bestimmt das Verhalten der Strömung. Wenn der Wert der Reynolds-Zahl mehrerer geometrisch ähnlicher Körper gleich ist, so ist auch ihr Turbulenzverhalten/das Verhalten der Strömung ähnlich. Wenn man also an einem Modell (um Faktor f verkleinert) Strömungstests durchführt, muss man - um die aerodynamische Ähnlichkeit zu wahren - das Verhältnis ρv/η um den Faktor f vergrössern. Die Reynolds-Zahl lässt sich mit folgender Formel berechnen:

Re = \frac{\rho \cdot v \cdot L}{\eta} = \frac{v \cdot L}{\nu}
ρ = Dichte des Fluids (bei uns Luftdichte)    
v = Geschwindigkeit  
L = charakteristische Länge
= dynamische Viskosität des Fluids (Mass für die Zählflüssigkeit eines Fluids)
\nu = \frac{\eta}{\rho} = kinematische Viskosität (Mass für die Zählflüssigkeit eines Fluids)





Wenn die Reynolds-Zahl einer Strömung die kritische Reynoldszahl überschreitet, so schlägt diese von einer laminaren zu einer turbulenten Strömung um (passiert in Wirklichkeit nicht schlagartig). Die kritische Reynoldszahl kann nur im Windkanal bestimmt werden (anhand von Strömungsbildern).

Machzahl

Die Machzahl ist eine dimensionslose Kennzahl. Sie wird mit folgender Formel berechnet:

\mathit{Ma} = \frac{v}{c}
v = Geschwindigkeit
c = Schallgeschwindigkeit im umgebenden Fluid

Die Machzahl macht es möglich, dass man Strömungen in verschiedene Bereiche - mit verschiedenen physikalischen Eigenschaften - einteilen kann. Standardmässig teilt man die Windkanäle in folgende Bereiche ein:
  • Unterschallkanal, inkompressibel: 0 < Ma < 0.3
  • Unterschallkanal, kompressibel: 0.3 < Ma < 0.7
  • Transsonikkanal: 0.7 < Ma < 1.2
  • Überschallkanal: 1.2 < Ma < 5
  • Hyperschallkanal/Plasmakanäle (verdünnte Gase): 5 < Ma < 30
Unser Windkanal besitzt eine Machzahl von ca. 8.2m/s / 338m/s (c bei 12°) = 0.024 und fällt damit in die Kategorie Unterschallkanal, inkompressibel. Das bedeuet, dass das Gas nicht komprimiert wird. Es verhält sich also wie eine Flüssigkeit und es treten keine kompressiblen Effekte auf.

Venturi Effekt 

Der Venturi Effekt stellt zusammen mit dem Satz von Bernoulli eine wichtige Grundlage für aero- und hydrodynamische Berechnungen dar.Venturi entdeckte, dass sich die Fliessgeschwindigkeit eines durch ein Rohr strömenden inkompressiblen (in unserem Fall Luft, da Ma < 0.3) Fluids  umgekehrt proportional zum Rohrquerschnitt verhält. Aufgrund des Kontinuitätsgesetz (für inkompressible Fluide) tritt aus jedem Rohrquerschnitt die gleiche Fluidmenge aus wie eingeführt wird. An der Engstelle muss also gleich viel Menge/Zeit durchfliessen. Deshalb muss die Geschwindigkeit bei der Engstelle höher sein, es tritt also eine Beschleunigung des Fluids auf. Diesen Effekt nutzen wir unter anderem mit der grossen Düse -> im Messbereich erreichen wir die höchste Geschwindigkeit.

 

Es stellt sich die Frage, woher die Kraft für die Beschleunigung kommt. Andererseits ist die kinetische Energie bei der Engstelle höher als beim Ein/Ausgang ->  woher kommt die Energie? Diese Fragen konnte Bernoulli beantworten.

Der Satz von Bernoulli 

Bernoulli entdeckte den Zusammenhang zwischen dem Druck und der Fliessgeschwindigkeit eines Fluids. 




Es gilt: V1=V2
Nach dem Venturi Effekt muss also gelten, dass über die unterschiedlichen Strecken s1 und s2 dasselbe Volumen fliesst. Es ergibt sich folgende Formel:

 Für die Bewegung der Flüssigkeit muss Arbeit aufgebraucht werden, es gilt:

 Als nächstes berechnen wir die Differenz WDruck:
 Diese kann wiederum mit WKin gleichgesetzt werden. Umformen ergibt schlussendlich:
 Das ist der Satz von Bernoulli. In Worten lautet er:
"In einer stationären Strömung ist die Summe aus dem statischen Druck und dem dynamischen Druck (=Staudruck) konstant. Sie entspricht dem hydrostatischen Druck der ruhenden Flüssigkeit."
Die Umströmung eines Flügelprofils folgt also (natürlich nur solange das Gas als inkompressibel betrachtet wird, also nur im Bereich von Ma < 0.3) - zumindest in unserem Windkanal - dem Gesetz von Bernoulli.

Statischer Druck

Der statische Druck ist der Druck, welcher sich innerhalb einer ruhenden Flüssigkeit/eines ruhenden inkompressiblen Gases aufgrund der Gravitationskraft einstellt.

Staudruck/dynamischer Druck

 Der Staudruck ist die Erhöhung des Drucks am Staupunkt gegenüber dem statischen Druck des Fluids. Der Staupunkt ist der Ort, wo das Fluid senkrecht auf das Testobjekt strömt. An diesem Punkt geht theoretisch die gesamte kinetische Energie (die Geschwindigkeit der Strömung verschwindet) der Strömung in Druck auf das Testobjekt über. Der Staudruck ist abhängig von der Form des getesteten Körpers.




Die wirkenden Kräfte

Im Windkanal gibt es 4 wirkende Kräfte, diese sind:




1) Widerstandskraft

 Die Widerstandskraft setzt sich aus dem Reibungswiderstand der Luft am Testobjekt, dem Druckwiderstand einzelner Teile des Testobjekts (z.B.: Flugzeug -> Flügel / Rumpf) und dem induzierten Widerstand zusammen.

Es gilt

Die Widerstandskraft setzt sich also aus dem Staudruck, welcher auf die Fläche A wirkt, und dem Cw-Wert (Einbezug der Form) des Körpers zusammen.

Der induzierte Widerstand muss separat berechnet werden. Er wird wie Fw berechnet, aber mit einem anderen Beiwert. Der induzierte Widerstand entsteht, wenn Verwirblungen auftreten. Diese entziehen dem Testobjekt Energie (wirken also auch als Widerstand).

2) Schubkraft

Die Schubkraft ist die Gegenkraft zur Widerstandskraft. Die Schubkraft lässt sich berechnen als:

Bei einem Flugzeug entsteht die Schubkraft durch Rückstoss. Das ausströmende Gas formt einen Impuls m1*v1, aufgrund der Impulserhaltung muss es auch einen Gegenimpuls geben. Dieser resultiert im Rückstoss.

3) Gewichtskraft
 Jedes Objekt wird auf der Erde mit der Gewichtskraft FG angezogen. Es gilt:
\vec F_G = m \vec g

4) Die Auftriebskraft - Dynamischer Auftrieb

Die Auftriebskraft wirkt der Gewichtskraft entgegen. Auftrieb entsteht z.B. bei Flügelprofilen dadurch, dass die Oberseite des Profils länger ist als die Unterseite. Die Luft wird oberhalb des Flügels also stärker beschleunigt als unterhalb. Durch die höhere Geschwindigkeit oberhalb des Profils nimmt auch der Staudruck zu, der statische Druck muss also oberhalb abnehmen (Bernoulli/Venturi). Durch den erniedrigten statischen Druck entsteht ein Unterdruck/Sog, welcher das Flugzeug nach oben zieht. Die Auftriebskraft lässt sich mithilfe des Ca-Werts berechnen. Genau wie die Widerstandskraft setzt sie sich aus dem Staudruck, dem Beiwert Ca und einer Referenzfläche A zusammen.

F_\mathrm{A} = c_\mathrm{A} \cdot \frac{\rho}{2} \cdot v^2 \cdot A


Leistung

Über die Leistung kann bei Fahrzeugen der Treibstoffverbrauch geschätzt werden. Die Leistung ist die pro Zeit verrichtete Arbeit:
P(t) = \frac{F(t) \, \mathrm ds(t)}{\mathrm dt} = F\cdot v
. Einsetzen der Widerstandskraft Fw ergibt:


Die Leistung ist  deshalb proportional zur dritten Potzen von v. Die Wahl der Geschwindigkeit hat also einen sehr grossen Einfluss auf den Treibstoffverbrauch (Flugzeug/Auto etc.).